Fortpflanzungsmedizin
Das im europäischen Vergleich restriktive schweizerische Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) stösst zunehmend auf Kritik. Die geltende Regelung des Zugangs zu Verfahren der Fortpflanzungsmedizin sei wissenschaftlich überholt, diskriminierend und beruhe auf nicht mehr zeitgemässen Werthaltungen, so die Einschätzung von verschiedenen Parlamentarierinnen sowie Rechtswissenschaftlern. Aus diesem Anlass wird im Rahmen eines Forschungsprojekts am ZLSR, unter der akademischen Leitung von Prof. Dr. Bijan Fateh-Moghadam und Dr. iur. et dipl. biol. Matthias Till Bürgin, die derzeitige Fassung des FMedG kritisch analysiert und auf seinen Revisionsbedarf hin untersucht.
Im Kontext des Zugangs zur Fortpflanzungsmedizin betrifft dieses Themengebiet neben rechtsphilosophischen Überlegungen insbesondere das schweizerische Verfassungsrecht. So sind grundlegende Wertungsentscheidungen zu treffen, die das gesellschaftliche Leben langfristig prägen werden. Hierbei ist beispielsweise nach der Legitimation der Zugangsbeschränkungen des FMedG, insbesondere im Hinblick auf die Beschränkung auf heterosexuelle Paare und Lebensformneutralität zu fragen. Wie lassen sich diese – wenn überhaupt – rechtfertigen? Ferner bieten die subjektiven Voraussetzungen des Zugangs zur Reproduktionsmedizin wie Alter, persönliche Verhältnisse oder medizinische Indikationen Anlass für eine tiefgehende Betrachtung. Auf einer allgemeinen Ebene sind Grundlagen der reproduktiven Autonomie des Individuums zu erörtern. Spezifisch lässt sich dies etwa am Verbot der Eizellspende oder der Leihmutterschaft darstellen. In diesem Kontext ist zudem sog. "Reproduktive Mobilität" zu berücksichtigen, die inzwischen einen ganzen Wirtschaftszweig antreibt.
Veranstaltung:
Interdisziplinärer ZLSR-Workshop am 27. und 28. Januar 2022 in Kooperation mit der UZH UFSP Human Reproduction Reloaded | H2R
Publikationen zum interdisziplinären ZLSR-Workshop