Gesellschaftlicher Wandel

Die zweite Säule „Gesellschaftlicher Wandel“ beinhaltet folgende Themen:

Seit dem 11. September 2001 – dem Tag der islamistischen Terroranschläge in den USA – befindet sich das religiöse Feld im Fokus teilweise heftiger politischer und rechtlicher Diskurse. Die Debatte um die Relevanz des Religiösen in der Gesellschaft, die bis zu diesem Zeitpunkt vor allem aufgrund des in den Staaten des Westens weit verbreiteten aufgeklärten Weltbilds eher zurückhaltend geführt wurde, hat seit diesem Ereignis wieder stark an Bedeutung gewonnen. Unter anderem unter dem Titel „Rückkehr der Götter“ (Wilhelm Graf) oder „Clash of Civilizations“ (Samuel Huntington) steht seither namentlich die Frage zur Diskussion, unter welchen Bedingungen religiöse Phänomene in pluralistischen Gesellschaften konflikt- und insbesondere gewaltfrei nebeneinander existieren können. Die Frage stellt sich dabei verschieden, je nachdem, ob die Problematik von einer globalen Perspektive her betrachtet wird oder ob man nationale oder lokale Aspekte ins Blickfeld rückt.

Unter globalen Gesichtspunkten steht in der Regel die Frage im Vordergrund, ob und wie es Staaten gelingt, sich von religiösen Bindungen zu emanzipieren. Besonders im islamischen Raum ist ein Ringen um die Positionierung und Profilierung des Staates gegenüber bestehenden engen Verflechtungen mit religiösen Kräften und deren Machtansprüchen festzustellen. Die politischen Systeme dieser Staaten – exemplarisch sei auf jene Nordafrikas hingewiesen – befinden sich in einem Zustand der Transition, in der sich ein Prozess weg von traditionellen, vorab religiös legitimierten autoritären Strukturen hin zu demokratisch-rechtsstaatlichen Gestaltungsformen abzeichnet.

Im nationalen und lokalen Rahmen sind der Staat und sein Recht mit zwei gegenläufigen Tendenzen konfrontiert. Einerseits werden vermehrt religiöse Phänomene wahrgenommen, die aus fremden Kulturkreisen stammen und sich infolge der Migration neu auch im nationalen und lokalen Kontext etablieren. Anderseits distanziert sich die angestammte Bevölkerung zunehmend von ihren herkömmlichen religiösen und konfessionellen Bindungen. So bezeichnet sich heute fast die Hälfte der lokalen baselstädtischen Bevölkerung als konfessionslos. Offensichtlich befindet sich auch unsere Gesellschaft in einem Transitionszustand, der Fragen im Hinblick auf die künftige Ausgestaltung des Religionsverfassungsrechts aufwirft.

Mögliche Forschungsfelder

1. Im globalen und europäischen Kontext:

  • Rechtsvergleichende Untersuchung religiöser Transitionsprozesse im internationalen Kontext
  • Rechtsvergleichung vergangener religiöser Transitionsprozesse der Schweiz und anderer europäischer Staaten mit analogen gegenwärtigen Entwicklungen in aussereuropäischen Staaten
  • Schutz religiöser Minderheiten im internationalen Recht und in rechtsvergleichender Perspektive
  • Internationales Recht und Religionsfreiheit angesichts zunehmender religiös motivierter Gewalt
  • Vergleichende Grundlagenanalyse des staatlichen Rechts mit religiösen Normsystemen

2. Im nationalen und lokalen Kontext:

  • Gleichbehandlung neuer Religionsgemeinschaften in der Schweiz mit den traditionellen Kirchen und Glaubensgemeinschaften, namentlich öffentliche-rechtliche bzw. öffentliche Anerkennung neuer Religionsgemeinschaften
  • Religiöse Neutralität des Staates im Verhältnis zu religiösen Phänomenen im öffentlichen Raum
  • Relevanz der Religionsfreiheit in einem sich wandelnden gesellschaftlichen Umfeld mit zunehmender Religions- und Konfessionslosigkeit
  • Neue Verhältnisbestimmung von Kirchen und Staat im kantonalen Religionsverfassungsrecht
  • Wandel des im rechtlichen Kontext verwendeten Religionsbegriffs
  • Verhältnisbestimmung von Religions- und Weltanschauungsfreiheit
  • Recht und Zivilreligion: Religionsfreiheit angesichts säkularer Narrative

Strategische Relevanz für die Universität Basel
Einordnung in die thematischen Forschungsschwerpunkte
Die erwähnten Forschungsfelder lassen sich thematisch sowohl in die auf Europa als auch in die global ausgerichteten Forschungsschwerpunkte der Universität Basel einordnen. Sie betreffen ferner die Life Science- und Nachhaltigkeitsforschung, zumal die Bedingungen für eine nachhaltige gewaltfreie Koexistenz religiöser Erscheinungsformen untersucht werden sollen. Schliesslich befassen sie sich mit den diversen Narrativen, die religiöse, aber auch staatliche Normstrukturen legitimieren. Soweit dabei auf religiöse Symbole eingegangen wird, ist davon auch die Bildwissenschaft berührt.

Anschlussfähigkeit an bestehende Forschungstätigkeiten und Kooperationen
Es kann an bestehende Forschungstätigkeiten, insbesondere auch an die Zusammenarbeit im interdisziplinären und interuniversitären Kontext angeknüpft werden. Es existieren bereits heute enge Kooperationen mit der Religionswissenschaft an der Universität Basel im Rahmen der Forschungsstelle Recht und Religion / FSRR mit Prof. Dr. phil. Jürgen Mohn sowie mit den Theologischen Fakultäten Basel und Luzern mit Prof. Dr. theol. Albrecht Grözinger und Prof. Dr. theol. Adrian Loretan.

Die öffentlichen Dienstleistungen (insbesondere Post, Telekommunikation, Energieversorgung, Personen- und Güterverkehr, Spitalwesen) sind – unter dem Einfluss internationaler Entwicklungen, gewandelter Staatsverständnisse und aufgrund technischer Innovationen – seit einigen Jahren einem bedeutenden Wandel unterworfen. Das Verhältnis zwischen Staat und Markt wird neu bestimmt: Ehemals monopolisierte Märkte werden für private Akteure geöffnet, der Staat sieht sich in verschiedenen (teilweise konfliktträchtigen) Rollen wieder: Er ist Regulierer, Aufseher, Gewährleister, Träger von öffentlichen Unternehmen und zuweilen auch Förderer neuer Technologien. In den Wirtschaftssektoren mit Netzstrukturen bildet sich ein Regulierungsverwaltungsrecht heraus, dessen Aufgabe es ist, zum einen den Wettbewerb zwischen den Marktakteuren zu gewährleisten (z.B. Regulierung des Netzzugangs) und zum anderen die Grundversorgung in einer guten Qualität und zu angemessenen Preisen («service public») sicherzustellen. Auch kommt es zu Veränderungen in der Behördenorganisation. So werden beispielsweise Regulierungs- und Aufsichtsaufgaben auf von der Regierung und den Marktakteuren unabhängige Regulierungsbehörden übertragen.

Aufgabe der rechtswissenschaftlichen Forschung ist es, die Gemeinsamkeiten und die sektorspezifischen Besonderheiten dieses Rechts der öffentlichen Dienstleistungen nachzuzeichnen. Weiter stellt sich etwa die Frage, unter welchen Voraussetzungen und wie intensiv der Staat regulierend in diese nunmehr wettbewerblich organisierten Märkte eingreifen soll und darf. Aus der Sicht der Bürger von Interesse ist die Frage, wie die Versorgung mit Grundversorgungsleistungen sichergestellt wird und ob ein verfassungsmässiges Recht auf solche Leistungen besteht. Überdies stellen sich Fragen hinsichtlich der Organisation, der Beaufsichtigung, der Aufgaben und der Verfahren der Regulierungsverwaltung. Auch ist die Frage zu beantworten, ob das neue Regelungskonzept sein Versprechen – Gemeinwohlsicherung durch Wettbewerb – einhalten kann oder ob ein gesetzgeberischer Anpassungsbedarf auszumachen ist. Da sich vergleichbare Entwicklungen in anderen Staaten, insbesondere in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, abspielen, können konkrete Forschungsfragen jeweils auch rechtsvergleichend bearbeitet werden.

Im Bereich der Energieversorgung zeichnen sich aufgrund der «Energiewende», die nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Industriestaaten in Planung ist, weitere Forschungsfelder im öffentlichen Wirtschaftsrecht ab: Der Staat übernimmt eine aktive Rolle, erneuerbare Energien werden staatlich gefördert, die Erschliessung neuer Energiequellen (z.B. Erdwärme) ruft nach einer rechtlichen Bewältigung, ausserdem steht die vorzeitige Ausserbetriebnahme von Kernenergieanalgen zur Diskussion, die mit schwierigen haftungsrechtlichen Fragen verbunden ist.

Mögliche Forschungsfelder

  • Das Recht der öffentlichen Dienstleistungen in historischer und rechtsvergleichender Perspektive
  • Öffentliche Dienstleistungen im internationalen Wirtschaftsrecht und Einflüsse auf das nationale Recht
  • Grenzüberschreitende Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen
  • Verfassungsrechtliche Verantwortung des Staats im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen
  • Regulierungsverwaltungsrecht
  • Konzept des Gewährleistungsstaats
  • Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe
  • Sicherstellung, Organisation und Finanzierung der Grundversorgung (Instrumente, grundrechtliche Aspekte)
  • Verbraucherschutz
  • Wirtschaftsfreiheit in teilliberalisierten Dienstleistungsmärkten
  • Problematik der Mehrfachrolle des Staats in teilliberalisierten Dienstleistungsmärkten
  • Staatliche Einstandspflicht für privatisierte Infrastrukturunternehmen (Problem des «too big to fail» und des «moral hazard»)
  • Staatliche Regulierung und Aufsicht in «dynamischen» Dienstleistungsmärkten
  • Unabhängige Regulierungsbehörden (politische Aufsicht, Organisation, Rechtsetzung, Verfahren Haftung etc.)
  • Handlungsspielräume für öffentliche Unternehmen
  • «Energiewende» und damit verbundene rechtliche Fragen
     

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