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Die «Justiz-Initiative» stellt ein historisch gewachsenes System infrage. Sie zielt auf eine fundamentale Umgestaltung des Bundesgerichts durch eine vordergründige «Entpolitisierung» des Verfahrens zur Bestellung der Richter*innen. Die letztlich verlangte «totale Unabhängigkeit» des höchsten Schweizer Gerichts müsste auf Kosten der Machtkontrolle und letztlich zum Preis eines demokratischen Defizits erkauft werden.

Das Anliegen blendet faktische zusammenhänge aus. So ist die Konzentration des Anliegens auf die Bundesebene zwar angesichts der Organisationsautonomie der Kantone geboten, aber bereits die Ausklammerung der weiteren richterlichen Instanzen des Bundes wirkt willkürlich und würde am Schluss zu einem «inkonsequenten» System führen. Schwerer wiegt, dass über die Eignung für die Zulassung zum Losverfahren Praxiserfahrung verlangt wird (werden muss). Mangels eines spezifischen Ausbildungsmodells für  Richter*innen wäre diese Erfahrung in den Kantonen oder bei anderen Bundesgerichten zu erwerben. An Gerichten also, für welche (auch weiterhin) ein Parteienproporz gilt.

Die ausgelosten  Bundesrichter*innen würden über keine demokratische Legitimation mehr verfügen. Auch eine direkte Gestaltungsmöglichkeit zur Gewährleistung einer ausgeglichenen Zusammensetzung des Gerichts gäbe es nicht mehr. Stattdessen müsste das Bundesrichter*innenamt als «Berufsstand» definiert werden. Ob demgegenüber ein («objektivierter») Wahlvorschlag durch eine politische Partei wirklich das grössere Übel sein soll, ist zumindest fraglich. Natürlich hat heute keine Wahlchance, wer sich nicht von einer politischen Partei portieren lassen will. Aber dieses Verfahren garantiert Pluralismus (zu welchem es auch gehört, dass sich Menschen positionieren). Richter*innen sind im
demokratischen Staat keine Losnummem.

Das Bundesgericht ist an der Spitze der dritten Gewalt Teil des politischen Systems der Schweiz. Eine «apolitische» Bestellung der Richterstellen führt weder zur «apolitischen Schutzimprägnierung» der Behörde selber noch zu «stets unpolitischen» Entscheidungen. Zuweilen setzt das Bundesgericht Wegmarken ausserhalb einer «reinen» juristischen Methodenlehre - zum einen, weil es sich hinter seinem «Methodenpluralismus» verstecken kann, zum andern aber auch, weil gewisse Fragen schlicht politisch geprägt sind oder weil Gerichte zuweilen tatsächliche Gegebenheiten einbeziehen müssen.

Die Parteien müssen ihrer staatspolitischen Verantwortung bei den Wahlen für Richter*innenämter nachkommen und taktische «Spielchen» unterlassen. Ein Handlungsbedarf scheint zudem - unabhängig vom Anliegen der «Justiz-Initiative» - in den Bereichen der Aufsicht und der Verhinderung der Etablierung interner Machtstrukturen an Gerichten zu bestehen. Richter*innen sind Menschen - zu ihrer Rolle gehört es aber, sich stets beherrschen zu können.

Fake News oder Free Speech? Referat an der Herbsttagung der MILAK 2019: #transparenz - Chance oder Risiko? Social Media aus den Perspektiven Wirtschaft, Politik, Medien und Armee.

MILAK Schrift 20

Treu und Glauben als grund­rechtliche Vermögens­schutz­norm? Mögliche Konsequenzen des Urteils A-793/2011 des Bundesverwaltungs­gerichts vom 20. Februar 2012 für das System der Staatshaftung bei reinen Vermögensschäden (SJZ 8/2020, 259-271)

Vertrauensschutz

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem grundrechtlichen Vertrauensschutz einen vermögensschützenden Charakter zugesprochen. Es zieht die Verfassungsnorm zur Begründung der Wider­rechtlichkeit in Staatshaftungsverfahren heran. Allerdings ist fraglich, ob Art. 9 BV eine solche Wirkung zu entfalten vermag. Dies hätte aus dogmatischer Sicht weitreichende Folgen für das System des öffentlichen Entschädigungsrechts.

BGer 6B_1007/2016: Exkulpationsmöglichkeit bei Halterhaftung, Aktuelle juristische Praxis (AJP) 2018 1568 - 1580

Urteilsbesprechung Halterhaftung

Die Einführung der Halterhaftung hat zu einer teilweise fragwürdigen Praxis in den Kantonen geführt. Das Bundesgericht betrachtet eine nach dem Ordnungsbussengesetz ausgefällte Busse als Strafe. Aufgrund des mit der Halterhaftung vorgesehenen Einbruchs in strafrechtliche Grundsätze legt es die einschlägigen Bestimmungen des Ordnungsbussengesetzes restriktiv aus. Es schützt insbesondere die im Gesetz selbst vorgesehene Möglichkeit, auch bei einer den Behörden nicht sofort bekannten Täterschaft ein Verfahren gegen den tatsächlichen (fehlbaren) Lenker einzuleiten. Zudem ist es den Behörden auch bei Wohnsitz einer Lenkerin im Ausland zuzumuten, diese über den dafür vorgesehenen Verfahrensweg ins Recht zu fassen. Das lebensnahe Urteil verdient im Ergebnis Zustimmung. Es wird der Praxis als wegweisende Leitplanke dienen. Leider weicht das Bundesgericht in pragmatischer Manier weiteren Konfliktfeldern geschickt aus. Nachfolgend wird postuliert, die Halterhaftung konsequent strafrechtlich zu verstehen.