St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung, 4. Auflage (2023)
Innerhalb der «Sicherheitsverfassung» zeigt sich die hohe Bedeutung und Brisanz der bundesstaatlichen Kompetenzordnung. Die geltende Ordnung stösst verschiedentlich an ihre Grenzen. Gleichwohl ist seit der Bearbeitung des «Postulats Malama» keinerlei Reformbestrebung mehr festzustellen, welche auch die Verfassungsebene einschliessen würde. Vielmehr wird versucht, die Dinge auf dem Wege der Gesetzgebung hinzubiegen und dabei Grenzen zu verschieben.
Im Bereich der Armee liegt ein besonderer Fokus auf der Beschaffung von Rüstungsgütern, des Rechtsrahmens für Einsätze im Inneren sowie auf dem Erhalt der Einsatzfähigkeit der Armee. Bei der Militärdienstpflicht werden Zusammenhänge und Fragen zur Wehrgerechtigkeit besonders hervorgehoben.
Beim Verfassungsartikel über das Kriegsmaterial wird ein kritischer Blick auf die Entwicklung bis und mit Sommer 2022 gelegt. Lieder war es aufgrund des vorgegebenen Arbeitsplans nicht möglich, die laufenden Diskussionen bis zum Schluss zu berücksichtigen.
Bei den Bestimmungen zum Inkrafttreten und den Übergangsbestimmungen ging es vor allem darum, die jüngere Literatur und Rechtsprechung nachzutragen. Inhaltliche Ergänzungen betreffen den Vertrauensschutz.
Kommentar zu Art. 52 BV: Verfassungsmässige Ordnung
Die Kommentierung behandelt den Inhalt der verfassungsmässigen Ordnung in den Kantonen sowie das ultimative Instrument zu deren Schutz: Die Bundesintervention. Dabei wurde besonderen Wert darauf gelegt, die eher antiquierte Norm in den Kontext zur aktuellen Rechtslage zu stellen.
Kommentar zu Art. 57 BV: Sicherheit
Der «Sicherheitsartikel» wird im föderalistischen Kontext eingeordnet und seine Zwecke werden dargelegt. Ein besonderer Fokus liegt auf der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen. Sie ist geprägt von der Polizeihoheit der Kantone sowie Einzelermächtigungen, aber auch einer Letztverantwortung des Bundes. Die Koordinationspflicht spielt für die Kantone untereinander, aber auch für die internationale Zusammenarbeit innerhalb der Schengen-Assoziierung eine wichtige Rolle. Weitere Ausführungen betreffen die Terrorismusbekämpfung sowie Internetkriminalität und Informationssicherheit. Die Schlussbemerkungen sind geprägt von einem kritischen Blick auf aktuelle Herausforderungen.
Kommentar zu Art. 58 BV: Armee
Im Armeeartikel wird die Armee als sicherheitspolitisches Instrument des Bundes ebenso verankert wie das Milizprinzip. Die Aufgaben der Armee werden im Einzelnen dargelegt und kontextualisiert. Ein Schwergewicht liegt auf den rechtlichen Aspekten zum Einsatz der Armee. Schliesslich werden besondere Entwicklungen und Fragestellungen aufgegriffen.
Kommentar zu Art. 59 BV: Militär- und Ersatzdienst
Im Sachgebiet der Militär- und Ersatzdienstpflicht finden derzeit signifikante faktische Entwicklungen statt. Es gilt daher, den Gehalt und die Rechtsnatur dieser Pflichten aufzuarbeiten. Beim Kreis der Dienstpflichtigen stellen sich verschiedene Gerechtigkeitsfragen. Ebenso bei der Wehrpflichtersatzabgabe.
Kommentar zu Art. 60 BV: Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee
Die Gesetzgebungskompetenz über Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee reicht sehr weit. Die Aufgaben der Kantone beschränken sich auf einen Teil des Vollzugs. Insbesondere die Ausbildung und die Ausrüstung der Armee werden angesichts der sicherheitspolitischen Entwicklung künftig an Bedeutung gewinnen.
Kommentar zu Art. 107 BV: Waffen und Kriegsmaterial
Die Doppelnorm verankert Gesetzgebungsaufträge zur Missbrauchsbekämpfung im Bereich von Waffen und von Kriegsmaterial. In beiden Sachbereichen sind internationale Bezüge prägend geworden. Die Stossrichtungen der beiden Absätze sind unterschiedlich. Für Abs. 1 ist (oder wäre) der Missbrauchsbegriff zentral. Er ist auslegungsbedürftig. Kriegsmaterialexporte bilden einen eigentlichen Zankapfel der Schweizer Politik. Mit der Ratifikation des Waffenhandelsvertrags hat der Bund sich einem recht strikten internationalen Regelwerk unterstellt, das in seiner Auslegung allerdings herausfordernd erscheint. Besondere Verbote gelten für den Bereich der Massenvernichtungswaffen. Aktuell ist der Ukraine-Konflikt eine grosse Herausforderung für die Schweiz.
Kommentar zu Art. 195 BV: Inkrafttreten
Besondere Berücksichtigung finden rechtshistorische Aspekte und das Inkrafttreten neuer Verfassungskodifikationen. Beleuchtet werden sodann die Konsequenzen des sofortigen Inkrafttretens von Verfassungsrecht. Hinweise auf die kantonalen Verfassungsordnungen runden die Kommentierung ab.
Vorbemerkungen zu Art. 196 und 197 BV
Vorbemerkungen zu Art. 196-197 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999; Behandlung des intertemporalen Verfassungsrechts; Bemerkungen zu aktuellen Entwicklungen diesbezüglich.
Kommentar zu Art. 196 BV: Übergangsbestimmungen
Das Übergangsrecht der (respektive zur) BV ist an drei verschiedenen Stellen und auf unterschiedlichen Erlassstufen zu finden. Im umfangreichen Art. 196 finden sich ausschliesslich jene ÜBest., welche bereits in der BV 1874 enthalten gewesen sind – mit teilweise wörtlicher Übernahme. Gewisse dieser ÜBest. haben ihre rechtliche Bedeutung zwischenzeitlich vollständig verloren und sind obsolet geworden.
Kommentar zu den Schlussbestimmungen zur BV
Die Schlussbestimmungen betreffen die Aufhebung der BV 1874, den gleichzeitigen Weiterbestand einzelner Normen sowie das Inkrafttreten der Verfassungskodifikation von 1999. Die Schlussbestimmungen regeln damit das Übergangsrecht im eigentlichen Sinne. Sie gehören zum notwendigen rechtstechnischen Apparat einer Verfassung und sorgten für den reibungslosen Übergang von der alten zur geltenden Ordnung.